Ein namenloser Gott?

Silke Arend - 16. Januar 2010 - Bibel, Fragen, Grundlegendes

Wenn wir gefragt werden "Wer ist der König von Schweden?" oder "Wer ist der deutsche Bundespräsident?" dann nennen wir jeweils einen Namen. Auf die Frage "Wer ist Gott?" sollten wir auch einen Namen nennen können - oder nicht?

 

Ich fürchte, selbst manche Christen würden auf die Frage "Wer ist Gott?" eine falsche Antwort geben, zumindest wenn man sie drängen würde, einen Namen zu nennen. Denn das ist von der Bibel her klar: "Jesus" ist hier die falsche Antwort. Er ist der Sohn Gottes - und entsprechend ist nicht er Gott, sondern ein Anderer, nämlich sein Vater.

Unser Problem hier ist historisch bedingt: Obwohl der Name Gottes im Alten Testament über 6.000 mal genannt wird, wurde er schon vor Jesu Geburt, vielleicht auch erst ab etwa dem zweiten Jahrhundert n. Chr. nicht mehr ausgesprochen - selbst von den Gläubigen nicht. Denn gerade diese hatten Angst, gegen eines der Zehn Gebote zu verstoßen:

Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht zu Nichtigem aussprechen, denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen zu Nichtigem ausspricht.

2. Mose 20,7

Um sicher zu gehen, hatten sie es sich angewöhnt, den Namen Gottes gar nicht mehr auszusprechen. Selbst beim Lesen der biblischen Bücher sagten sie "Adonaj" - hebräisch "Herr" - dort wo der Name Gottes stand. Damit jeder auch an diese Vorsichtsmaßnahme dachte, setzten sie die Vokalzeichen von "Adonaj" über die Konsonanten des Gottesnamens JHWH. (Ursprünglich bestand die hebräische Schrift nur aus Konsonanten; die Vokalzeichen kamen später hinzu.) Noch heute sehen wir in wichtigen Bibelübersetzungen, wie Elberfelder, Luther oder der englischen NIV, anhand der Großbuchstaben wo der Gottesname steht im Alten Testament.

Was heißt das aber für uns?

Die Scheu, Gottes Namen leichtfertig auszusprechen, sollten wir sicherlich beibehalten. Zugleich wissen wir durch den hier kurz beschriebenen Sprachgebrauch nicht mehr sicher, wie die Vokale lauten. Auch vermuten viele, dass Jesus selbst "Adonaj" anstelle des Eigennamens gesagt.

Dennoch sollten wir uns bewusst sein: Wir haben keinen namenlosen, unpersönlichen Gott. Er hat seinen Namen den Menschen genannt, um damit angerufen und geehrt zu werden. Dass dieser Name dann für uns fern oder fremd geworden ist, liegt nicht an Gott, sondern an uns Menschen.

Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sagen: JHWH (Jahweh), der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht.

(Luther-Bibel - HERR ersetzt und Klammer hinzugefügt)

2. Mose 3, 15

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